Berlin war schon geil – Hamburg 2018 wird noch besser
(und wichtiger!)
Am Samstag, den 29. September findet die zweite „We’ll come United“-Demo-Parade gegen Rassismus in Hamburg statt. Vor einem Jahr demonstrierten 10.000 Menschen unter dem gleichen Motto auf den Straßen Berlins. Die große Beteiligung von Menschen mit Migrationsgeschichte an „We’ll come United“ war und ist herausragend und besonders. Auch in unserem Reisebus aus Wuppertal waren letztes Jahr die Hälfte der Mitfahrenden Refugees. Auch wenn 2017 das Ziel einer breiten zivilgesellschaftlichen Mobiliserung noch nicht erreicht wurde, war „We’ll come United“ kurz vor der Bundestagswahl eine der schönsten Demos und Selbstvergewisserungen der letzten Jahre. Alle, die mit nach Berlin fuhren, schöpften aus dem Wochenende viel Energie. Bis heute prägt das erlebte Gemeinsame die Arbeit antirassistischer Gruppen in Wuppertal und viele, die dabei waren, wollen dieses Jahr auch nach Hamburg fahren. Keine Frage, dass es deshalb auch 2018 wieder einen Wuppertaler Bus zu „We’ll come United“ gibt. Tickets sind noch zu haben. (Siehe Infos zum Bus).
Bei aller Vorfreude auf ein Zusammenkommen vieler Freunde und Freundinnen aus dem ganzen Bundesgebiet und auf eine große, kraftvolle antirassistische Parade, haben sich in dem Jahr seit Berlin Vorzeichen negativ verändert. Die rassistische AfD sitzt mittlerweile als stärkste Opposition im Bundestag und die anderen Parteien übernehmen zunehmend rechte Positionen. Menschenverachtung wurde Teil des Regierungsprogramms – was Rechte und Rassisten nicht daran hindert, immer menschenfeindlichere Positionen zu artikulieren. So reicht ihnen die Kriminalisierung von Menschenrettung auf See nicht aus, sie wollen mehr: Die Vernichtung aller zur Flucht über das Mittelmeer Gezwungenen durch „Absaufen“, wie es z.B. bei einer Pegida-Kundgebung in Dresden von einer großen Menge „besorgter Bürger“ lautstark gefordert wurde. Und wenn es Geflüchtete dennoch nach Europa geschafft haben, wollen sie sie möglichst durch die Straßen jagen, so wie aktuell in Chemnitz oder alltäglich in vielen Städten und Dörfern der Provinz.
Vom rassistischen Normalzustand zum Kampf um die Straßen
Das rassistische Deutschland, das sich lange im Versteckspiel übte, und von dem meistens vor allem jene berichteten, die aufgrund ihrer Herkunft, ihres Aussehens oder ihrer „Andersartigkeit“ mit rechter Gewalt im Alltag konfrontiert wurden, fühlt sich bestärkt und hat nicht erst seit Chemnitz an vielen Orten den Kampf um die Städte offen aufgenommen. Dieses völkisch-rassistische Deutschland ist jetzt für alle sichtbar geworden, auch wenn viele Medien und Politiker*innen immer noch vermeiden es beim Namen zu nennen. Unsere Freundinnen und Freunde, unsere Nachbarn und Kolleginnen mit einer alten oder neuen Migrationsgeschichte brauchen dafür jedoch auch keine Namen. Sie kennen das rassistische Deutschland längst: Es begegnet ihnen im Alltag, es versucht, sie in Furcht zu versetzen und es hat niemals aufgehört sie ausgrenzen. Die nicht völkisch denkende deutsche Mehrheitsgesellschaft hat sich hinter Illusionen verschanzt und sie viel zu lange damit allein gelassen. Nichts hat das so deutlich gemacht wie der NSU-Komplex und der Umgang mit den Opfern des rechten Terrors und ihrer Angehörigen.
Für Illusionen ist keine Zeit mehr, wenn Faschisten offen den Kampf um die Straße führen wie zuletzt in Chemnitz. Faschistischen und rassistischen Machtdemonstrationen und einer sich bei Rechten anbiedernden Politik lässt sich nur gemeinsame eigene Stärke entgegensetzen. Trotz medialem Dauerfeuer, das jede Art von Zuwanderung zum allumfassenden Problem machen soll und trotz sich täglich mit neuen ausgrenzenden Forderungen überbietenden Politiker*innen ist bei Millionen Menschen die Bereitschaft gemeinsam zu leben ungebrochen. Und spätestens mit der inhumanen Verhinderung der Rettung im Mittelmeer Ertrinkender und mit zunehmenden Abschiebungen neuer Freundinnen und Freunde ist für viele, die sich bislang auf rein unterstützende Initiativen konzentrierten, eine Grenze überschritten. Deutlich macht das die massenhafte Beteiligung an den „Seebrücke“-Aktionen in vielen Städten. Jetzt ist es höchste Zeit, dass aus der Empörung handfeste Solidarität wird. Es gibt kein unbeteiligtes Zusehen mehr.
Jetzt zählt’s! Respect Existence or Expect Resistance!
Es ist Zeit, dass alle, die den rassistischen Rollback nicht akzeptieren und den offen agierenden Rassisten keinen Platz im öffentlichen Raum überlassen wollen, mit von Rassismus Betroffenen gemeinsam ihre Stärke zeigen. Es ist Zeit, dass sie zeigen, dass sie wirklich mehr sind als jene, die behaupten, sie seien irgendein imaginiertes „Volk“. Das lange vor den aktuellen Ereignissen von Geflüchteten, Migrant*innen und antirassistischen Strukturen geplante „We’ll come United“-Wochenende in Hamburg bietet am 29. September Gelegenheit dazu: Für alle, die sich in den letzten Wochen für eine „Seebrücke“ engagiert haben; für alle, die die Angst ihrer Freund*innen vor Abschiebung nicht mehr ertragen; für alle, die den Faschismus zurückdrängen wollen und nicht zuletzt natürlich für alle, die hier leben und eine alte oder neue Migrationsgeschichte haben. Sie sollten das Motto der Demo-Parade wahr machen und gemeinsam nach Hamburg kommen.
Eine wirklich große Demo-Parade wird den rassistischen Normalzustand nicht wegzaubern. Das braucht einen langen Atem. Sie wird denen, die dabei sein können, neue Kraft und Zuversicht geben, den dafür notwendigen Kampf gegen Faschisten und Rassisten im Alltag, in Behörden, Betrieben und Schulen, an den Unis und in den Nachbarschaften unserer Viertel gemeinsam aufzunehmen und zu gewinnen. Sie wird ein unüberseh- und unüberhörbares Symbol sein, dass wir nicht länger bereit sind den rassistischen Normalzustand hinzunehmen und dass wir uns gemeinsam wehren werden. Wir werden am 29. September mit vielen Tausenden und einer Flotte von Musik- und Motivwagen gegen den vorherrschenden Wind kreuzen und Fahrt aufnehmen. Kommt mit!
Kein Fußbreit dem Faschismus!
Seebrücken statt Seehofer!
Abschiebestop – Bleiberecht für alle!
Keine Lager! Wohnraum für alle!
Partizipation aller die hier leben!
Homepage von „We’ll come United“
Unser Aufruf als pdf zum Download und Weiterverbreiten