Kurzer Bericht von der Demonstration gegen die Wiedereröffnung des Abschiebeknasts in Büren am 30.5.2015.
Diesen Mai hat die rot/grüne NRW-Landesregierung den größten deutschen Abschiebeknast in Büren wieder aufgemacht. Zwischenzeitlich musste er geschlossen werden, nachdem Deutschland durch ein Urtel des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Sommer 2014 gezwungen wurde, seine Praxis der Inhaftierung von Flüchtlingen zu ändern. Unter anderem wurde gefordert, Geflüchtete nicht weiter mit “normalen” Strafgefangenen gemeinsam einzuknasten. NRW reagiert nun darauf, in dem die JVA Büren zukünftig nur noch für Abschiebehäftlinge genutzt werden soll.
Weitere “Verbesserungen” und Änderungen bei der Inhaftierungspraxis bleiben kosmetisch, auch wenn die engagierte Bürener Initiative, die sich seit Jahren für inhaftierte Flüchtlinge einsetzt, in einem Redebeitrag bei der Demonstration gegen die Wiederöffnung des Gefängnisses von einigen “Erleichterungen” berichtete: So sollen u.a. zukünftig alle Inhaftierten einzeln untergebracht werden, sie sollen tagsüber Bewegungsfreiheit innerhalb des Knasts “genießen” und auch knastinterne “Disziplinierungsmaßnahmen” werden angeblich abgeschafft – wogegen sich der Anstaltsleiter jedoch bereits ausgesprochen haben soll. Wie lange die Aufhebung der “disziplinierenden Maßnahmen” also dauern wird und ob sie überhaupt stattfindet, ist also unklar. Ob die unsäglichen Vergitterungen vor den Fenstern abgebaut werden, ist zur Zeit noch nicht geklärt.
Vor allem jedoch scheint es sich bei den “Reformen” in Büren um sprachliche Korrekturen zu handeln, die in orwell’scher Manier den Charakter des Wegsperrens von geflüchteten Menschen kaschieren sollen. Doch alle sprachlichen Ausbesserungen – so werden Zellen jetzt nicht mehr “Zellen” genannt und die Abschiebehaft heißt jetzt auch nicht mehr “Abschiebehaft”, sondern “Unterbringungsgewahrsam für Ausreisepflichtige”, werden die Monströsität des Knasts nicht überdecken können. Der vor Besucher*innen und neuen Gefangenen im Wald von Büren unvermittelt auftauchende Hochsicherheits-Betonbunker tut das, wofür er konzipiert wurde: Er schreckt ab und schüchtert ein.
Ob “JVA” oder “Unterbringungsgewahrsam”, Knäste sind monströs und gehören abgeschafft, vor allem für geflüchtete Menschen – am besten vor der Eröffnung oder Wiederinbetriebnahme, daran hat sich seit der erfolgreichen Sprengung der Knastbaustelle in Weiterstadt 1993 bis heute nichts geändert…
Leider nahmen an der Demonstration in Büren und an der Kundgebung vor dem Eingang der JVA nur knapp 150 Menschen teil. Die engagierten Menschen in Herford, Paderborn oder Büren und natürlich auch die inzwischen wieder nach Büren verlegten Abschiebehäftlinge hätten mehr Unterstützung verdient gehabt. Angesichts von deutlich mehr Menschen, die derzeit bereit sind, gegen die EU-Abschottungspolitik und Frontex auf die Straße zu gehen, war die etwas enttäuschende Zahl Teilnehmender auch etwas verwunderlich. Sitzen die Verantwortlichen für die Inhaftierung von Flüchtlingen in Büren doch nicht “weit weg” in Brüssel, Straßburg oder Warschau, sondern im nahen Düsseldorf.
So war der Demotermin bei Paderborn ein immer wieder von Regen heimgesuchtes Treffen verschiedener antirassistischer Initiativen und Flüchtlings-Aktivist*innen, die ihre oft beeindruckenden Schilderungen deutscher und europäischer Zustände mangels anwesender Bevölkerung zudem meist nur den teilweise unangenehm auftretenden begleitenden Polizist*innen mitteilen konnten. Unter den Teilnehmenden waren auch viele Refugees, was erfreulich war. Ihre Solidarität mit anderen geflüchteten Menschen ist ein wichtiger Antrieb, die eigene Unterstützung für die Forderungen der Refugees zu intensivieren.
So war auch der spontane Redebeitrag eines w2wtal-Aktivisten vor dem Knast zu verstehen. Vor allem an die anwesenden Aktivist*innen gerichtet, wurde in ihm dazu aufgefordert, angesichts der Beharrlichkeit der Festung Europa und der unmenschlichen deutschen Flüchtlingspolitik die rein appelative Ebene zu verlassen und überall eigene konkrete Widerstandsgruppen aufzubauen, die bedrohten Menschen wirklich weiterhelfen. Wenn durch das erneut verschärfte Asylrecht zukünftig noch mehr Menschen von Inhaftierung und/oder Abschiebung bedroht sind als bisher schon, dann werden Strukturen nötig, mit denen Menschen versteckt, sicher von A nach B gebracht, oder medizinisch versorgt werden können – auch ohne Papiere. Es ist an der Zeit, dass diejenigen “mit Papieren” über ihre eigene Risikobereitschaft nachdenken – etwas, dass viele Beteiligte der andauernden Flüchtlingskämpfe schon lange getan haben.
In diesem Sinn bleibt zu hoffen, dass es uns gelingt, dass der Knast in Büren zwar nun vielleicht wieder geöffnet, aber in Zukunft notorisch unterbelegt sein wird.