Da sind wir! w2wtal-Rede am 1.Mai

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Beim Ölbergfest 2014 beteiligten sich viele Nachbar*innen und Besucher*innen des Ölbergfestes an einer kleinen Fotoserie und bekannten sich zur «Refugee Welcome-Area Ölberg». (Siehe Video) Ein Jahr später haben einige Geflüchtete und Aktivist*innen von «welcome to wuppertal» (w2wtal) das Angebot angenommen und sich beim Schusterplatzfest im Anschluss an die Autonome 1.Mai-Demonstration in Wuppertal beteiligt.


Bei arabischem und afrikanischem Essen wurden viele Gespräche geführt und neue Kontakte geknüpft. Wir hoffen, dass es ein guter Beginn für alle gewesen ist. Wir sehen uns wieder!

Wir dokumentieren hier die Rede, die beim Autonomen Schusterplatzfest am 1.Mai in Wuppertal von zwei w2wtal-Aktivistinnen gehalten wurde:

Liebe Freunde, liebe Freundinnen!

Europa führt einen Krieg gegen Flüchtlinge. Wir finden die momentane Situation der Flüchtlinge und die aktuelle Asylpolitik unerträglich und wollen diese nicht weiter hinnehmen!

Die Festung Europa produziert täglich Tote, vor allem im Mittelmeer und an den Außengrenzen. Im letzten Jahr starben 3.400 Menschen, und das, obwohl Italien mit der Operation «Mare Nostrum» das größte Programm zur Seenotrettung das es im Mittelmeer je gab, gestartet hatte. Aber weil die EU nicht bereit war, sich an den Kosten von «Mare Nostrum» zu beteiligen, wurde selbst diese Mission eingestellt und durch «Triton» ersetzt. «Triton» aber ist, im Gegensatz zu «Mare Nostrum» keine Seenotrettung, sondern eine von Frontex geleitete Grenzschutzoperation. «Triton» deckt nur ein wesentlich kleineres Seegebiet ab und ist nicht darauf ausgerichtet, Menschenleben zu retten.

Die Konsequenzen aus der miserablen Politik und des Auflösens von «Mare Nostrum» waren in der vorletzten Woche allzu deutlich erkennbar. Innerhalb einer Woche ertranken mehr als 1000 Flüchtende im Mittelmeer auf ihrem Weg nach Europa.

Trotzdem fällt den Regierenden nichts Besseres ein, als die Mittel für den Grenzschutz, also für Frontex, aufzustocken und Fischerboote in Libyen zu zerstören, die vielleicht Schleuserboote sein könnten. Europa scheint es weiterhin nur darum zu gehen, das Elend der Welt von seinen Grenzen fernzuhalten. Stattdessen lassen sie lieber die flüchtenden und asylsuchenden Menschen in ihren kriegsgeschüttelten Herkunfts- und Transitländern verrecken. Bedauernswerterweise trägt ein großer Teil der Bevölkerung in Deutschland diesen menschenverachtenden Zynismus mit und verschließt die Augen vor den Fluchtgründen.

Die meisten der Flüchtenden sind auf Schleuser angewiesen und verdanken ihnen ihr Überleben. Sie nehmen das hohe Risiko auf sich, über den Seeweg nach Europa zu gelangen, weil es ihren Tod oder großes Elend bedeuten würde, in den Herkunfts- und Transitländern zu bleiben. Auf dem Landweg sind ihre Chancen noch geringer in Europa anzukommen, besonders für Familien mit Kindern. Es gibt keinerlei Alternativen. Außerhalb Europas gibt es keine Möglichkeit, ein humanitäres Visum zu beantragen und legal und sicher einzureisen. Selbst Kriegsflüchtlinge haben keine Chance, auf sicheren Wegen nach Europa zu kommen.

Genau daraus ergibt sich unsere Forderung, die sich als offensichtliche Lösung aufdrängt: Sichere Fluchtwege zu öffnen und Möglichkeiten ein humanitäres Visum außerhalb Europas zu beantragen!

Fähren statt Frontex!

Es ist zum Verzweifeln, dass angesichts der humanitären Katastrophen und des politischen Totalversagens europäischer Asylpolitik die einzige Reaktion der europäischen Regierungen in einem «Weiter so!» besteht. Das ist allerdings keine neue Erfahrung, sondern bereits seit zwanzig Jahren der Fall. Wir ziehen daraus unsere Konsequenz: Appellieren allein reicht nicht mehr aus! Wir selbst, jeder von uns, müssen das mörderische Kriegsregime angehen und Initiative zeigen! Wir fragen uns: Wie kann das aussehen?

Vor über 200 Jahren wurde in den USA die „Underground Railroad“ aufgebaut. Diese Initiative schaffte Fluchtrouten, über die Sklaven aus den Südstaaten in den sicheren Norden flüchten konnten. Beteiligt waren zum Teil befreite Sklaven, aber auch weiße US-amerikanische SklavereigegnerInnen. Über 100.000 Menschen wurden über diese Schleuserrouten aus der Sklaverei befreit. Das Ziel, heutzutage ein autonomes Schleusernetzwerk aufzubauen ist sicher hoch gesteckt, aber wir wollen in eine ähnliche Richtung gehen und es gibt innerhalb Europas schon einige Ansätze.

Zum einen gibt es «Welcome2Europe»“, ein Netzwerk, das Flüchtende unterstützt und sich für ihre Rechte einsetzt. Zum anderen gibt es das Schiff „MS Sea-Watch». Das ist ein privates Schiff, das bald ganz praktisch dem unhaltbaren Zustand im Seegebiet zwischen Malta und der libyschen Küste etwas entgegen setzen will. Die «MS Sea-Watch» wird ab nächste Woche Flüchtlingsbooten in Not Ersthilfe leisten und die Seenotrettung rufen. Außerdem gibt es das «Watch the Med»-AlarmPhone. Auch das AlarmPhone ist eine private Initiative von politischen AktivistInnen. Das «Watch the Med»-AlarmPhone ist 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche für in Seenot geratene Flüchtlinge erreichbar. Nach einem Alarm-Anruf rufen die AktivistInnen die Küstenwache, den UNHCR und die Medien und sorgen dafür, dass Rettungsmaßnahmen eingeleitet werden.

Das europaweite Netzwerk «Welcome2Europe» unterstützt Geflüchtete auf ihrem Weg durch Europa und stellt wichtige Infos oder Kontakte zur Verfügung. Doch es gibt ebenso lokale Initiativen in den Städten wie «Welcome2Wuppertal».

Wir sind zwar keine Seeleute und können deshalb keine Flüchtlinge aus Seenot retten. Doch das hält uns nicht davon ab, innerhalb unserer Stadt etwas zu tun! Wir heißen Menschen, die neu in Wuppertal sind, willkommen und wollen für sie unsere Netzwerke und Freundeskreise öffnen. Außerdem möchten wir sie dabei unterstützen, hier gut anzukommen, zum Beispiel in Form von Hilfe bei der Wohnungssuche, oder beim Deutsch-Lernen. Dazu haben wir mit dem Café Ada einen selbstorganisierten Deutsch-Kurs geschaffen. Nicht zuletzt tolerieren wir in unserer Stadt keine Nazis und gehen gegen sie vor, wo immer es nötig ist. Wenn es notwendig wird, sind wir auch bereit dazu, Abschiebungen zu verhindern.

Einmal im Monat – an jedem dritten Sonntag – gestalten wir zusammen mit neu angekommenen Flüchtlingen und AktivistInnen ein Frühstück im Café ADA. (Das nächste Frühstück findet am 17.5. statt) Aus einem der Treffen ergab sich unsere gemeinsame Aktivität beim Schusterplatzfest am 1. Mai. Einige aus unserer Gruppe haben sich dazu bereit erklärt, etwas für unsere NachbarInnen zu kochen und Musik zu machen. Danke dafür!

Wir freuen uns über alle, die an unserem Infotisch vorbeikommen und das Gespräch mit uns suchen.

welcome2wuppertal (w2wtal)

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  • Das nächste w2wtal-Plenum findet am Freitag, den 30.8.2019 um 15 Uhr statt.
    Ort: Robertstr. 5 a, Wuppertal-Elberfeld


    Zeit und Ort der nächsten AG-Treffen erfahrt ihr am besten über unseren telegram-Kanal.


  • Wir rufen zu Gründung eines Wuppertaler Bürger*innen-Asyls auf. In vielen Städten haben sich bereits Initiativen gebildet, die von Abschiebung bedrohten Menschen konkret helfen möchten.

    In Kürze werden wir zu einer Informations-Veranstaltung zum Bürger*innen-Asyl einladen. Ort und Zeit erfahrt ihr an dieser Stelle und über unsere anderen Kanäle.

    Bis dahin lassen sich viele Infos bereits hier finden: aktionbuergerinnenasyl.de


  • refugeeswelcomepad
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    welcome2wuppertal (w2wtal) ist eine Initiative von Menschen die schon lange in der Stadt leben und neu Zugezogenen. Gemeinsam wollen wir selbstorganiserte und konkret solidarische Strukturen schaffen, die allen hier Lebenden eine Partizipation und das Recht über unser Leben mitzubestimmen ermöglichen. Beteiligt euch, kommt vorbei, macht mit! Wenn ihr Fragen habt, schreibt uns einfach eine E-Mail (nutzt bei sensiblen Inhalten das verschlüsselte Formular), und wenn ihr über w2wtal-Treffen informiert werden möchtet, nutzt einen unserer Kanäle bei Facebook, Twitter oder telegram.


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