Gefährliche naive Träumer

(English)

Das ist ein großer Krieg. Von Mali über den Sudan nach Nigeria, von Eritrea bis Syrien, bis Rojava, zur Türkei… Jeden Scheiß-Tag sterben in diesem Krieg Menschen. Es gibt unberichtete Zwischenfälle, Bombardierungen und Terrorangriffe: Nah bei Abidjan, in Ankara oder in Istanbul. Ganze Städte leiden und sind fast komplett zerstört: Aleppo, Cizre, Homs. Glückliches Europa. Der Krieg ist diesmal nicht bis Europa gekommen. Das ist der Grund, warum er nicht «Weltkrieg» heißt.

Nur wenn Attacken in Paris oder Brüssel passieren, so wie heute, bekommen die Menschen ein klein wenig Ahnung davon, was abgeht. Die Medien schreien, die Öffentlichkeit schaltet auf Hysterie, jeder und jede twittert oder schreibt Kondolenzen. Plötzlich sind alle für ein paar Tage alarmiert. Die nächsten Attacken in Kairo, Beirut, Damaskus oder Bamako werden wieder nur eine «Randnotiz» sein. Weil die Menschen in Europa weiterträumen wollen. Sie wollen denken, ihr größtes Problem sei, wie sie in ihren Osterurlaub kommen, jetzt, wo der Personenverkehr eingeschränkt ist. Sie wollen denken, die problematischste Sache sei, wie im Sommer in Frankreich ein Fussballwettbewerb ausgetragen werden kann. Sie wollen denken, dass es nichts komplizierteres gibt, als die eigene, persönliche Planung des nächsten Wochenendes.

Der Krieg erreicht die europäischen Grenzen im Normalfall nur in Form tausender und tausender Flüchtender, die nicht das Glück hatten, sich um ihren Urlaub zu kümmern, sondern die sich um ihre pure Existenz sorgen müssen. Die Menschen Europas wollten das nicht sehen. Weil es eine Bedrohung des europäischen Traums einer «Brave new World» war. Die Flüchtenden brachten das reale Leben in diesen Haufen Scheiße, den die Europäer*innen Freiheit, Demokratie, Wohlstand und Fortschritt nennen. Also haben die Europäer*innen die Grenzen geschlossen. Warum sollten wir uns um Menschen kümmern, die in einem Weltkrieg leiden? Warum sollten wir die Realität akzeptieren, wenn wir unsere Illusion behalten können?

Bomben können nicht zurückgeschoben werden. Bomben können nicht in Lager eingesperrt werden. Sie werden in Hightech-Mänteln verkauft und kehren in Rucksäcken zurück. Obwohl wir mit den Opfern der Anschläge in Brüssel trauern – was sollen wir denken, wenn die Behörden und Büros der so genannten «Festung Europa» ihre Arbeit für heute zurückfahren müssen? Die leidenden Menschen in Idomeni, die desillusionierten Geflüchteten in den Lagern und an Bord der Abschiebemaschinen, die in der Ägäis und dem Mittelmeer ertrunkenen Frauen, Kinder und Männer – sie alle sind für die verfickte europäische Illusion von Frieden, Spass und Glück geopfert worden. Nur wenn Bomben explodieren, blitzt die Realität kurz auf.

Naive Träumer! Leider seid ihr viel zu mächtig, denn ihr könnt Menschen für das Festhalten an eurem kindischen Traum leiden lassen.

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    Ort: Robertstr. 5 a, Wuppertal-Elberfeld


    Zeit und Ort der nächsten AG-Treffen erfahrt ihr am besten über unseren telegram-Kanal.


  • Wir rufen zu Gründung eines Wuppertaler Bürger*innen-Asyls auf. In vielen Städten haben sich bereits Initiativen gebildet, die von Abschiebung bedrohten Menschen konkret helfen möchten.

    In Kürze werden wir zu einer Informations-Veranstaltung zum Bürger*innen-Asyl einladen. Ort und Zeit erfahrt ihr an dieser Stelle und über unsere anderen Kanäle.

    Bis dahin lassen sich viele Infos bereits hier finden: aktionbuergerinnenasyl.de


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